Resolution zur BA/MA-Studienordnung

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Resolution der Philosophiestudierenden zur Einführung der neuen BA/MA-Studienordnung im Fach Philosophie

Die Vollversammlung der Studierenden des Instituts für Philosophie erlässt angesichts der geplanten Einführung des Bachelor- und Masterstudiengangs im Fach Philosophie zum kommenden Wintersemester die folgende kritische Stellungnahme zu Gestaltungsprozess wie Inhalt der neuen Studienordnung. Zunächst ist festzuhalten, dass die Gestaltung des neuen Bachelorstudiengangs nicht dafür genutzt wurde, der studentischen Kritik an der gegenwärtigen Studienordnung nachzukommen. Die Grundvoraussetzung des Philosophierens und damit auch die größte Herausforderung einer Lehre, die nur den geringen Anspruch hat, philosophisches Denken zu vermitteln, ist der Zweifel an der bestehenden Totalität von Unmittelbarem, somit an der Gegebenheit gesellschaftlicher Verhältnisse und der Verfassung der Welt, sowie von den selbstverständlichen Auffassungen über diese hinauszusehen und damit die Möglichkeit zu schaffen, sie zu hinterfragen. Wenn dies aufhört ihr Anspruch zu sein und Philosophie in Anbiederung an die gesellschaftlichen Verhältnisse ihr Glück darin sucht, diese schlicht positiv zu bestätigen, untergräbt sie ihre raison d'être selbst. Leider müssen wir feststellen, dass die nun beschlossene BA/MA-Studienordnung eine weitere Etappe bei der emsigen Arbeit an der Banalisierung der Philosophie darstellt und demnach ein sinnvolles Philosophiestudium an der Universität Frankfurt kaum mehr möglich scheint. Hierzu bedürfte es vor allem eines selbstbestimmten Studiums, in welchem es den Studierenden endlich offen stünde, sich den von ihnen gewählten Themen hinreichend zuzuwenden und ihnen zudem Zeit und Raum zur kritischen Reflexion bliebe. Deshalb haben wir bereits im Rahmen der Resolution zu den gegenwärtigen Studienbedingungen mit Nachdruck die Reduzierung der Prüfungsleistungen, eine angemessene Bewertung des Arbeitsaufwandes und eine Befreiung von engen Modulstrukturen gefordert. Diese Forderungen fanden indes lediglich partiell Eingang in die neue Studienordnung. Grundsätzliche Kritik ist zunächst an der Beteiligung der Studierenden im Rahmen der Gestaltung der neuen Studienordnung zu artikulieren und hier insbesondere am Vorgehen im Institutsrat: Fanden unsere Anliegen im Rahmen der BA/MA-Kommission vorderhand ange¬messene Berücksichtigung, so wurden von Seiten der Hochschullehrer mehrfach kurzfristige Änderungen unmittelbar vor und während der Institutsratssitzung eingebracht, die teils ohne weitere Diskussion übernommen wurden und nicht mehr dem entsprachen, was zuvor in der BA/MA-Kommission im gemeinsamen Diskurs zwischen Lehrenden und Studierenden als Konsens behandelt wurde. So wurde etwa auf Druck einzelner Hochschullehrer der Fachrichtung Logik ein unverhältnismäßig großer Platz eingeräumt und dies zu Lasten der praktischen Philosophie; ungeachtet der offenkundig entgegengesetzten Interessen der Philosophiestudierenden. Dies bestürzt uns besonders, da es sich hierbei um eine Entwicklung handelt, die wir im gesamten gesellschafts- und geisteswissenschaftlichen Bereich mit Sorge zu beobachten haben. Im Wesentlichen zeichnet sich diese Tendenz dadurch aus, dass naturwissenschaftliche Methoden unter naiver, nichthinterfragender Akzeptanz in den Gesellschafts- und Geisteswissenschaften angewandt werden. In der Philosophie (ob der Begriff in diesem Zusammenhang sinnvoll gebraucht werden kann ist in Frage zu stellen) findet diese Tendenz ihren Ausdruck etwa in sturen physikalischen Determinismen, ohne die Reflektion des anti¬nomischen Charakters dieses Komplexes (also Verzicht auf Philosophie), oder dem vorphilosophischen Utilitarismus, der mittlerweile in Frankfurt das Lehrangebot dominiert.

Inhaltliche Kritik möchten wir an den folgenden Punkten üben: (1) Im Bezug auf die Basis¬module (BM) wurde der studentische Vorschlag, durch das Pass or Fail-Prinzip den in den Klausuren der Einführungsmodule erbrachten Leitungen weniger Gewicht einzuräumen, durch den Widerstand einzelner Hochschullehrer abgelehnt. (2) Überhaupt ist uns das beharrliche Festhalten an der Prüfungsform der Klausur nicht nachvollziehbar. Die Resistenz der Lehrenden gegen Argumente in diesem Punkt lässt die Frage aufkommen, ob ein kritischer Umgang mit dem vermittelten Stoff unerwünscht ist. Der ständige Verweis auf mangelnde Kapazitäten würde sich erübrigen, wenn durch die Einführung des Pass or Fail-Prinzips auch Tutor_innen Hausarbeiten oder umfangreichere Essays korrigieren könnten und nur im Falle einer nicht bestandenen Prüfung eine Nachkorrektur durch die Professoren vonnöten wäre. (3) Zudem sehen wir im Absehen von einer Festschreibung der inhaltlichen Gestaltung der Klausuren in den BMen die Gefahr, dass diese weiterhin in einer reinen Wissensabfrage ohne Berücksichtung der eigenständigen Reflexion der Studierenden bestehen. Zusätzlich verschärft wird dies durch einen Passus in der neuen Studienordnung, der einen 25%igen Anteil an Multiple Choice-Aufgaben zulässt. Diese Form der Aufgabengestaltung erachten wir in sämtlichen Gebieten der Philosophie, so auch im Fach Logik, für nicht angemessen. Auch für die Logik gilt, dass sich philosophische Methoden nicht in abstracto erlernen lassen, sondern nur in der philosophischen Praxis und am konkreten Gegenstand. Durch die Reduktion der Logik auf bloßes Formelwissen sowie auf abstrakte Strukturanalysen und Formalisierungen wird ein totes Wissen vermittelt, dass die sinnvolle Anwendung des Gelernten seitens der Studierenden geradezu ausschließt. (4) Auch die bereits erwähnte Logik-Dominanz sowie die Zusammenlegung der Einführungen in theoretische und praktische Philosophie in den BMen erachten wir gerade für den Frankfurter Studiengang Philosophie für mehr als unangemessen. Die Bereiche praktische und theoretische Philosophie erfahren durch die Zwangsvereinigung zu einem Basismodul erhebliche inhaltliche Einschränkungen und sind somit in den Einführungsveranstaltungen unterrepräsentiert. Die Idee von spezialistierten Einführungen in verschiedenen Bereichen der Philosophie, die auch zu einer Orientierung der Studierenden dienen soll, wird somit aufgegeben und groteskerweise nur noch für die Logik aufrechterhalten. (5) In Bezug auf das Best of-Prinzip bedauern wir den Umstand, dass nur drei der insgesamt zehn benoteten Modulabschlussprüfungen aus der Wertung herausgenommen werden können; diese Zahl erscheint uns, angesichts der abgelehnten Pass or Fail-Option in den BMen, viel zu gering. (6) Weiterhin kritisieren wir, dass keine eindeutigen Regelungen für den Umfang der zu erbringenden Aufgaben für die so genannte „Studienleistung“ festgelegt wurden. Hier sehen wir die Gefahr, dass die Festsetzung der Leistungsanforderungen wie bereits in der aktuellen Situation dem Gutdünken einzelner Veranstalter obliegt und nicht selten ungerechtfertigt hoch ausfällt. (7) In Bezug auf die MA-Studienordnung möchten wir schließlich Kritik äußern an der Entscheidung, den Studierenden im Hauptstudium neben der Vorbereitung der Abschlussarbeit das Erbringen von unnötig vielen Leistungen abzuverlangen. In diesem Zusammenhang kritisieren wir außerdem die Ablehnung der Möglichkeit, sich interdisziplinäre oder extrakurrikulare Veranstaltungen als Leistungs- und Teilnahmenachweise anrechnen zu lassen.

Angesichts der dargelegten Kritikpunkte möchten wir uns als Studierende der Philosophie nachdrücklich von der beschlossenen BA/MA-Studienordnung distanzieren. Die vorliegende Studienordnung ist kein Produkt gemeinsamer Arbeit von Studierenden und Lehrenden. Im Gegenteil scheint es nunmehr so, als sollte die Beteiligung der Studierenden in der Kommission vornehmlich dazu dienen, den Anschein einer Lösung in beidseitigem Einvernehmen zu schaffen. Diesen Anschein möchten wir ausdrücklich zurückweisen, die beschlossene Studienordnung steht im klaren Widerspruch zu den studentischen Interessen.