Essay
Inhaltsverzeichnis
Essay und Essaywriting
Unter einem Essay wird im Rahmen des Essaywritings ein kurzer, thematisch geschlossener Text verstanden, der eine gezielte Fragestellung verfolgt. Die Länge eines Essays variiert in etwa zwischen 2 und 5 Seiten (600 und 1500 Wörtern). (Diese Bestimmung weicht vom gängigen Wortgebrauch ab. Vgl. etwa den Artikel "Essay" in der deutschen Wikipedia.)
Das Verfassen mehrere Essays ("Essaywriting") kann im Rahmen von Veranstaltungen als Methode des Scheinerwerbs angeboten werden.
Im Folgenden geben wir einige Tipps, die beim Verfassen von Essays hilfreich sein können. Hier ist auch die Word Kurzanleitung hilfreich.
Achtung: Wenn in einer Veranstaltung Essaywriting angeboten wird, informieren Sie sich unbedingt bei der Dozentin oder dem Dozenten über die spezifischen Anforderungen, die im Detail durchaus von den hier genannten abweichen können! |
Die Fragestellung
Ihr Interesse
Wählem Sie eine Fragestellung, die Sie wirklich interessiert. Eine wichtige Voraussetzung für das Verfassen eines philosophischen Textes ist ein eigenständiger Zugriff auf das behandelte Problem bzw. den zu interpretierenden Text. Dieser Zugriff lässt sich am besten durch eine eigene Fragestellung verwirklichen.
Bearbeitbarkeit
Überprüfen Sie, ob die Fragestellung so gewählt ist, dass sie sich im Rahmen Ihrer Vorkenntnisse, Ihres Leistungsvermögens und des beschränkten Umfangs eines Essays gut bearbeiten lässt.
Erste Notizen
Machen Sie sich gleich erste Notizen in Hinblick auf die Beantwortung der Frage. Welche Punkte müssen unbedingt bearbeitet werden? Was wissen Sie schon? Was fehlt Ihnen noch? Worauf wollen Sie hinaus?
Lektüre
Wenn der Essay sich auf einen bestimmten Text bezieht: Lesen Sie die relevanten Passagen des behandelten Texts gründlich in Hinblick auf die Fragestellung und Ihre ersten Notizen. Bei der Lektüre müssen Sie unbedingt weitere Notizen in Hinblick auf die Fragestellung machen: Welche Textstellen sind besonders wichtig? Wie lauten die entwickelten Argumente? Gibt es Stellen, die man zitieren könnte? Überprüfen, ergänzen und korrigieren Sie Ihre ersten Notizen im Licht der Lektüre.
Brainstorming - Strukturierung - Rohfassung - Feinschliff
Vor dem Erstellen der Gliederung bietet es sich an, ein Brainstorming z.B. in Form eines Mindmappings durchzuführen. Man versucht dabei entweder mit Blick auf eine bestimmte Fragestellung oder ein beliebiges Thema möglichst viele Gedanken zu Papier bringen. Es geht hierbei um den kreativen Startpunkt zur Textproduktion, bei dem auf Form und Eleganz keine Energie verschwendet werden sollte. Mit dieser Methode soll nur ein Überblick über die eigenen Kenntnisse und Anknüpfungsmöglichkeiten gewonnen werden. Dabei können gelegentlich auch zunächst abwegige Gedanken zu überraschenden Ideen und Perspektiven führen. Aus der so kreierten Sammlung von Stichwörtern, Zitaten, Positionen, Argumenten, Bezügen, Widersprüchen oder auch offenen Fragen kann in einem zweiten Schritt selektiert und anhand dieser Auswahl eine stimmige Struktur entworfen werden. Entlang der so erarbeiteten Gliederung gilt es drittens die Rohfassung zu schreiben. Stilistische und formale Feinarbeiten sollten bis zum Schluss aufgehoben werden - sonst wird u. U. viel Zeit damit verschwendet alte, wohlklingenden Sätze einzuarbeiten, die womöglich gar nicht mehr in den Textverlauf passen! Also: Erst mal wildes Sammeln, dann auswählen und strukturieren, eine Rohfassung schreiben, zum Schluss den Feinschliff.
Der Aufbau
Grob gliedert sich ein Essay üblicherweise in drei Abschnitte:
- Einleitung – mögliche Bestandteile: Erläuterung des Themas, Darlegung seiner Relevanz, Ankündigung der eigenen These, Kommentierung des Aufbaus des Textes
- Hauptteil – der eigentliche Essay
- Schluss – mögliche Bestandteile: Darlegung und Erläuterung der eigenen These, Rückblick auf den Text, Ausblick auf offene Fragen
Die thematische Gliederung
Die eigentliche Gliederungsarbeit muss dann in Hinblick auf die Gliederung der Darstellungen und Argumente geleistet werden, die die Durchführung bilden. Vor Beginn des Schreibens (realistischer: im Zuge desselben) sollte ein klarer Plan von der Gliederung des Textes in Ihrem Kopf oder aber besser auf einem Stück Papier entstehen. Die Gliederung ist unentbehrlich für das Verfassen eines gut lesbaren Textes. Ein philosophischer Text ist erst dann fertig, wenn er gut gegliedert ist. Es ist für die Leserinnen und Leser darüber hinaus hilfreich, wenn der Text nicht nur gut gegliedert ist, sondern diese Gliederung darüber hinaus gut sichtbar wird: In erster Linie durch passende Überschriften und Absätze oder Hinweise im Text, vor allem in der Einleitung.
Das eigentliche Schreiben
Beim Verfassen des Essays sind folgende Punkte zu beachten:
Darstellung und Argumentation
In dem Essay soll nicht nur eine fremde Position dargestellt, sondern auch kritisch dazu Stellung bezogen oder eine eigene Position argumentativ entwickelt werden. Generell ist es dabei wichtig, kenntlich zu machen, was zur Darstellung einer fremden Position gehört und was ein eigener Beitrag zum Thema ist. Dabei empfiehlt es sich, diese Trennung streng zu vollziehen und bestimmte Textabschnitte ganz der Darstellung, andere ganz der kritischen Diskussion zu widmen. Das Verhältnis von Darstellung und Argumentation ist idealer Weise ausgeglichen.
Die Darstellung fremder Positionen
Die Darstellung fremder Positionen kann mit Hilfe von Zitaten oder mit Hilfe von Referaten in eigenen Worten erfolgen. Insgesamt gilt: Zu jedem Zitat und Referat gehört ein Nachweis der Textstelle, auf die es sich bezieht, da die Darstellung sonst als Plagiat erscheinen kann. (Siehe die Hinweise zum Zitieren!) Es empfiehlt sich, möglichst sparsam zu zitieren. Der Essay darf auch in seinem darstellenden Teil keinesfalls eine Kollage von Zitaten des behandelten Texts sein.
Die Relevanz des Geschriebenen für die Fragestellung
Das Verfassen des Essays muss immer konzentriert auf die Behandlung der Fragestellung ausgerichtet sein. In den Essay gehören nur Dinge, die für die Darlegung, Klärung oder Beantwortung der Fragestellung relevant sind!
Sagen Sie's in Ihren eigenen Worten
Ein philosophisches Problem oder eine philosophische Position sind erst dann verstanden, wenn es einem gelingt, sie unabhängig von der Terminologie, in der sie ursprünglich formuliert wurden, in eigene Worte zu fassen. Nur das, was man in einer Sprache sagen kann, die man selber spricht, versteht man auch. Und nur das, was man versteht, kann man klar und überzeugend darstellen und vertreten oder kritisieren.
Die Philosophieleserin
Der Essay ist eine Übung im philosophischen Schreiben. Als solche ist er nicht an Sie und auch nicht an die Seminarleitung adressiert, sondern an ein Konstrukt, das man "die Philosophieleserin" nennen kann. Die Philosophieleserin ist definiert durch eine je nach Kontext variierende Menge von Kompetenzen und Hintergrundwissen (die Philosophieleserin einer Magisterarbeit ist eine andere als die eines Essays im Einführungskurs). In der Regel ist es nicht ganz falsch, zu versuchen, seinen Essay so zu schreiben, dass die Philosophieleserin eine Person ist, die keine Vorkenntnisse in der Materie, sondern nur eine Menge gesunden Menschenverstandes und die Bereitschaft, sich mit Ihrem Text zu beschäftigen, mitbringt. Denken Sie beim Schreiben immer an die Philosophieleserin: Haben Sie ihr klargemacht, worum es geht? Und wie Sie vorgehen? Kann sie dem folgen, was Sie schreiben? Setzten Sie nicht zu viel voraus? Erklären Sie vielleicht zu wenig oder (was selten vorkommt) zu viel?
Wechselseitiges Gegenlesen
Eine ungeheure Qualitätssteigerung lässt sich dadurch erreichen, dass Sie das Konstrukt der Philosophieleserin durch eine reale Person ersetzen. Lassen Sie den Essay von einer Kommilitonin oder einem Kommilitonen gegenlesen und kritisieren, bevor Sie ihn noch einmal überarbeiten.
Überarbeiten
- Siehe die Hinweise im Artikel Überarbeiten.
Korrekturlesen
- Siehe die Hinweise im Artikel Korrekturlesen.
Internetlinks zum Thema
- "Philosophical Writing Guidelines" auf der Homepage von Jim Pryor.
- Bei EpistemeLinks finden sich eine ganze Reihe weiterer Online-Ressourcen zum philosophischen Arbeiten.