Stilistische Hinweise zum Verfassen philosophischer Texte

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Version vom 7. März 2009, 16:55 Uhr von Jakob Krebs (Diskussion | Beiträge) (Stilistische Anmerkungen (ausbaufähig))
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Philosophisch motivierte Texte können sehr unterschiedliche sprachliche Stile aufweisen und entsprechend unterschiedlich sind die Vorlieben auf Seiten der DozentInnen. Einige grundsätzliche Überlegungen sollen Ihnen dabei helfen, Ihren persönlichen Stil mit Hilfe philosophisch relevanter Kriterien weiterzuentwickeln:

Wozu verfassen Sie einen philosophischen Text? Während Ihres Studiums vermutlich vor allem, aber hoffentlich nicht nur deshalb, damit Sie einen Schein dafür bekommen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Sie allerdings weitere Ziele verfolgen: Sie müssen z.B. meist ein oder mehrere fremde Argumente analysieren und eigene Argumentationen vorstellen und verteidigen.

Was heißt das? Normalerweise heißt das, dass Sie eine Frage aufwerfen, eine These zur Beantwortung dieser Frage mit Blick auf bestehende philosophische Positionen vertreten, und dass Sie diese Antwort mit gut durchdachten Argumenten begründen. (Selbst wenn Sie der Meinung sind, dass zu einer bestimmten Frage zwei mögliche Antworten so gut begründet sind, dass keine Entscheidung möglich ist, so ist auch das eine These.)

Philosophische Texte im Studium

Ein guter philosophischer Text zeichnet sich dadurch aus, dass er den Diskurs der Philosophie bereichern und voranbringen kann, indem er eine Analyse und eine Antwort zu einer möglichst präzisen Fragestellung anbietet. Auch wenn Sie in den ersten Semestern noch nicht bereit sind, zu philosophischen Debatten etwas gänzlich Neues beizutragen, müssen Sie doch Ihren Text als möglichen Beitrag zu einer solchen philosophischen Debatte ansehen. Sollte Sie diese Vorstellung überfordern, so liegt das vermutlich daran, dass die von Ihnen aufgeworfene Frage viel zu unübersichtlich ist.

Wählen Sie deshalb vor allem zu Beginn Ihres Studiums überschaubare Themen, so dass Sie in ein paar Wochen eine These formulieren können, die zumindest so klar und durchdacht ist, dass Sie glauben, sie in einer Debatte mit Ihren Mitstudierenden gut verteidigen zu können. Veranschaulichende Beispiele oder Gedankenexperimente sind zur Klärung komplizierter Fälle oft hilfreich (sowohl für sich selbst, als auch für das Gegenüber), während unreflektierter Jargon oder unausgereifte Metaphern meist mehr Verwirrung als Klarheit erzeugen.

Am Besten ist es natürlich, Sie können sich für die Problemstellung begeistern, auch auf die Gefahr hin, dass Sie Ihre Möglichkeiten überschätzen. Ist die Ausgangsfrage überschaubar, bleibt dies auch das zu sichtende Material, die Gliederungsarbeit und die zu verteidigende These - es wird keinesfalls von Ihnen verlangt, ständig bahnbrechende Theorien aufzustellen!

Viel lehrreicher ist es, überschaubare Fragen, die Sie mit Ihren DozentInnen abgesprochen haben sollten, exemplarisch zu beantworten und das dafür sorgfältig recherchiert und strukturiert (mehr dazu im Abschnitt "die Fragestellung" unter Hausarbeit). Mit waghalsigen Thesen zu unübersichtlichen Debatten können Sie später um so besser umgehen. Mit dieser Strategie vermeiden Sie nicht zuletzt auch motivationale Probleme und Frustration hinsichtlich Ihrer gesteckten Ziele.


Stilistische Anmerkungen (ausbaufähig)

Auch wenn viele philosophische Texte mitunter recht eigenwillige stilistische Formen aufweisen, wird ein klarer und präziser Stil Ihre eigenen Arbeiten wesentlich verbessern. Dazu gehören folgende Merkmale:

  • Bevorzugen Sie kurze und klare Sätze.
  • Formulieren Sie Sachverhalte so einfach wie es geht (- ohne die Gefahr der Übersimplifizierung zu unterschätzen!).
  • Behandeln Sie komplizierte Zusammenhänge so weit das geht in einzelnen Gliederungspunkten.
  • Benutzen Sie Verbindungswörter ("weil, daher, aber, dennoch, trotzdem, ...") - aber nur dort, wo auch tatsächlich die damit ausgedrückte logische Beziehung besteht.
  • Benutzen Sie eine präzise, sachliche Sprache. Vermeiden Sie umgangssprachliche Ausdrücke oder Slang und Jargon genauso, wie unnötige Wendungen oder gekünsteltes Bürokratendeutsch.
  • Wo Sie andere Positionen Erläutern, vermeiden Sie nichtssagende Phrasen wie "a sagt x und b sagt dazu y". Präzisieren Sie den Modus des Sagens: Wird etwa gezeigt, erklärt, festgestellt, behauptet, kritisiert, verbessert, ...?
  • Achten Sie darauf, dass viele dieser Zuschreibungsbegriffe wertende Konnotationen provozieren: Jemandem eine (richtige) Feststellung zuzuschreiben ist etwas anderes als eine (ungedeckte) Behauptung aufzudecken oder (bloß) den Versuch des (fehlgeleiteten) Argumentierens zu würdigen.
  • Vermeiden Sie unnötige Fremdwörter. Wenn Sie Fachausdrücke verwenden, um z. B. längere Konstruktionen nicht ständig zu wiederholen, führen Sie diese explizit ein.
  • Bevorzugen Sie Verbkonstruktionen vor Substantivierungen (statt "Aufgrund der Behauptung des Kompatibilismus durch X", lieber "Weil X eine kompatibilistische Auffassung vertritt...")
  • Auf der Homepage von Andreas Vieth (Uni-Münster) können Sie sich eine wachsende Sammlung typischer Mängel in philosophischen Arbeiten von Studierenden ansehen.

Was philosophische Texte nicht sein sollten

  • Persönliche Bekenntnisse. Ihre persönliche Meinung wird nur relevant, insofern sie gut durchdachte Argumente dafür vorbringen können. Wenn Sie eine philosophische Position unerklärlich attraktiv finden oder für einen guten Ausdruck ihrer Lebeneinstellung halten, ohne dafür argumentieren zu können, dann können Sie schwerlich einen philosophischen Text daraus machen.
  • Referate über andere AutorInnen. PhilosophInnen interessieren sich nicht per se dafür, wer irgendwann irgendetwas gesagt hat, sondern vor allem dafür, inwiefern es überzeugend ist, d.h. was der Verfasser damit zeigen kann, welche Lösungen oder Probleme davon betroffen sind und gegebenfalls warum der Verfasser davon trotz Kritik überzeugt ist oder war. Neben dem wichtigen Wissen über philosophische Positionen, müssen Sie diese vor allem in ihrer "Stoßrichtung" verstehen, um sie kritisieren oder als Argumente für Ihre eigene Fragestellung fruchtbar machen zu können.
  • Expressive Lyrik. Lassen Sie sich von dem beeindruckenden Stil mancher Autoren nicht mitreißen. Schreiben Sie präzise und verständlich, auch wenn Ihr Text dadurch vielleicht ästhetisch unbefriedigend ist. Große Mengen Fremdwörter oder verwundene Satzkonstruktionen gelten zwar gemeinhin als Anzeichen für geistigen Reichtum, können allerdings sogar klare Gedanken in poetischen Nebel hüllen und eignen sich leider auch zum argumentativen Bluff. Natürlich spricht nichts dagegen, verständlich, genau und schön zu schreiben.