Resolution der Philosophiestudierenden

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Die Vollversammlung der Studierenden des Instituts für Philosophie erlässt angesichts der derzeitigen Reformen im Hochschulwesen, der bereits erfolgten Modularisierung des Philosophiestudiums sowie der drohenden Einführungen der Bachelor- und Master-Studiengänge im Fachbereich 08 die folgende Resolution. Im Rahmen der Resolution sollen schlaglichtartig einige der drängendsten Probleme dargestellt werden, die sich nach Ansicht der VerfasserInnen einem Studium der Philosophie unter den gegenwärtigen Bedingungen an der Goethe-Universität Frankfurt stellen. Dabei erheben diese Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit; vielmehr fordern sie zu Verbesserungen und Ergänzungen auf und hoffen einen längst überfälligen Diskurs innerhalb des Instituts anzuregen. Eben aus diesem Grunde macht sich die Resolution wissentlich blind gegenüber institutsübergreifenden Zusammenhängen. Der Text gliedert sich grob in zwei Teile: Im ersteren werden die Probleme der gegenwärtigen Studiensituation knapp umrissen; hierbei kann es durchaus vorkommen, dass dasselbe Problem unter verschiedenen Überschriften aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wird. Im zweiten Teil sollen den dargelegten Problemen dann mögliche Lösungsansätze gegenüber gestellt werden.

Resolution der Studierenden der Philosophie zu den gegenwärtigen Hochschulreformen sowie den Studienbedingungen insgesamt

Teil I: Analyse der gegenwärtigen Studienbedingungen – Kritische Betrachtung der Modularisierung

Verunmöglichung einer kontinuierlichen und tiefer gehenden Auseinandersetzung

Eines der schwerwiegendsten Probleme hinsichtlich der Möglichkeiten eines gelingenden Studiums der Philosophie in Frankfurt besteht in der Verunmöglichung einer kontinuierlichen und damit tiefer gehenden Beschäftigung mit philosophischen Gegenständen. So bleibt während der Vorlesungszeit keine Zeit für eine ernsthafte und tief gehende Auseinandersetzung. Aufgrund der Anforderungen, sich alleine im Fach Philosophie mindestens drei verschiedenen Modulbereichen zuzuwenden, zusätzlich zu denen der Zweit- und Drittfächer, ist man gezwungen Texte oberflächlich zu lesen, das eine Seminar für das andere schleifen zu lassen, um dann trotzdem festzustellen, dass man den ganzen Anforderungen nicht gerecht werden kann. Sollte man in der vorlesungsfreien Zeit schließlich neben den zu schreibenden Hausarbeiten die Zeit finden, sich selbständig mit einem Gegenstand auseinanderzusetzen, so ist schon abzusehen, dass spätestens mit Beginn des neuen Semesters alle Bemühungen zum Erliegen kommen. Will man dennoch nicht auf eine kontinuierliche Auseinandersetzung verzichten, sieht man sich daher dazu gezwungen, gegen die Strukturen des Philosophiestudiums Philosophie zu studieren. Die Widersinnigkeit dieser Situation sollte keines weiteren Kommentars bedürfen. Die Bedeutung dieses Kritikpunktes ergibt sich aus der Überzeugung der VerfasserInnen, dass philosophisches Gedankenmaterial – zumal unter gegebenen Seminarbedingungen – kaum bis gar nicht an der Universität angeeignet wird, sondern selbständig, in der individuell gesuchten Auseinandersetzung mit den im besten Fall selbst gewählten Gegenständen. Weder kann noch soll ein Seminar dies ersetzten. Die Möglichkeit einer individuellen, kontinuierlichen und intensiven Auseinandersetzung ist damit in unseren Augen unabdingbare Voraussetzung eines jeden gelingenden Philosophiestudiums. Gerade dies ist gegenwärtig aber nahezu unmöglich.

Viel zu hoher Workload

Aufgrund der Diskrepanz zwischen der CP-Berechnung einerseits und dem faktisch zu leistenden Arbeitsaufwand der Studierenden andererseits, erfordert die Anzahl der zu besuchenden Seminare pro Semester – eine ernsthaften Teilnahme vorausgesetzt – die Be- und Verarbeitung eines viel zu hohen Lesepensums und ist sinnvoll nicht zu erbringen. Das hat zur Folge, dass man sich nicht mehr ernsthaft auf ein Seminar einlassen, in ein Gedankensystem hineindenken, noch es verstehen kann. Dies wiederum ist die Ursache dafür, dass man nach kürzester Zeit Gelesenes bzw. einmal Verstandenes vergisst. So kann man sich nach ein paar Semestern Studium, wenn man auch nur über das geringste Maß an kritischer Selbstsicht verfügt, attestieren, von allem schon einmal gehört, über vieles auch schon eine Hausarbeit mit durchaus passabler Benotung geschrieben zu haben, in mindestens 80 Prozent aller Veranstaltungen anwesend gewesen zu sein, im Grunde aber doch über keinerlei profunde Kenntnisse zu verfügen. Derartige Belastungen führen darüber hinaus, wie alle Studien über die psychische Konstitution von BacherlorstudentInnen – und der Workload des modularisierten Magisters entspricht nahezu dem des Bachelors – nachweisen, zu einem Gefühl totaler Überforderung und nicht selten zu psychosomatischen Stresssymptomen, Versagensängsten bis hin zu Depressionen. Erfahrungen auf die man gerne verzichten kann.

Diskrepanz zwischen CP-Bewertung und tatsächlichem Arbeitsaufwand

Ein zentraler Kritikpunkt, der mit rechnerischen Mitteln klar vor Augen geführt werden kann und aus welchem die gegenwärtige Studiensituation resultiert, ist die CP-Berechnung. So kann leicht dargelegt werden, dass die gegenwärtig pro Seminar bzw. Hausarbeit berechneten Creditpoints keineswegs auch nur annähernd dem tatsächlichen Arbeitsaufwand der Studierenden entsprechen. Für die Teilnahme an einem Seminar erhält man gegenwärtig 3 CP. Da 1 CP 30 Stunden Arbeitsaufwand entspricht, dürfte die Teilnahme an einem Seminar insgesamt nicht mehr als 90 Stunden Arbeitsaufwand bedeuten. Rechnen wir einmal nach, was das heißt:

  • 28 Stunden (14 Semesterwochen bzw. 2 SWS) müssen bereits für die Seminarteilnahme berechnet werden, da es Anspruch des CP-Systems ist, den gesamten Arbeitsaufwand, d.h. inner- und außerhalb der Universität, zu berücksichtigen.
  • Hieraus ergeben sich dann (90 Std. - 28 Std.) 62 Stunden. Teilt man diese durch die 14 Semesterwochen ergeben sich 4,4 (!) Stunden pro Woche für ein Seminar.
  • Sollten nun sinnvollerweise noch 2 Stunden Nachbereitungszeit für jedes Seminar veranschlagt werden, so hätte dies zur Folge, dass lediglich 2,4 Stunden für die Bearbeitung der Texte blieben!

Auch wenn dies hoffentlich nicht nötig sein wird, können die VerfasserInnen aus eigener Erfahrung bezeugen, dass dies ein schlechter Witz ist! Zwar ist es unmöglich ein sinnvolles Studium zu quantifizieren, die forcierte Gleichschaltung individueller Leistungen vielmehr grundsätzlich zu kritisieren. Doch bleibt gleichwohl festzuhalten, dass ein Vielfaches an Arbeitsaufwand notwendig ist, um ein Seminar adäquat vor- und nachzubereiten.

Kritik des Vorlesungsverzeichnisses

Darüber hinaus ist aus unserer Sicht die inhaltliche Ausgestaltung des aktuellen Vorlesungsverzeichnisses zu kritisieren. Die angebotenen Lehrveranstaltungen ermöglichen es nicht, sich mit den grundlegenden und wegweisenden Texten der Philosophie auseinanderzusetzen. Vielmehr sind die angebotenen Seminare größtenteils „Spezialmodule“, soll heißen, Module zu spezifischen Problemstellungen. Eine Vermittlung von Grundlagen findet so gut wie nicht mehr statt. Dagegen sollte unserer Meinung nach gerade ein Studium der Philosophie es ermöglichen, sich Texte, die alleine nur schwer anzueignen sind, in gemeinschaftlicher Lektüre zu erarbeiten. Andererseits sollte natürlich aus der – auch von den VerfasserInnen für sinnvoll erachteten – Perspektive einer Einheit von Forschung und Lehre ein ständiger Fluss der „Forschungsergebnisse“ in Richtung Studierende gewährleistet sein. Dies bringt notwendig Spezialisierung mit sich. Dennoch muss eine Spezialisierung auf einer soliden Grundlage ruhen. Mag es im Rahmen der alten Studienordnung noch möglich gewesen sein, dass Studierende der Philosophie sich diese Grundlagen selbst aneignen, so ist dies im Rahmen des modularisierten Magisters aus genannten und zu nennenden Gründen indes nicht mehr möglich. Hieraus ergibt sich die Forderung, dass die Dozierenden, so sie diese Aufgabe vorher ausgelagert hatten, nun die Vermittlung von Grundlagen wieder als einen Teil ihrer Lehrtätigkeit begreifen. Dass dies in Form von Basismodulen nicht zu gewährleisten ist, wir im Gegenteil eine intensive und eingehende Lektüre einzelner bedeutender Autoren und Werke, nicht eine Veranstaltung mit Überblickscharakter meinen, sollte klar sein. Dass den Dozierenden durch einen enormen Anstieg der Verwaltungsarbeit selbst häufig kaum bis gar keine Zeit für die eigene Forschung bleibt, sie daher auch an „zeitsparenden“ Seminaren ein Interesse haben – was am besten durch das Anbieten nur solcher Seminare, die sich mit dem Forschungsgegenstand überschneiden, gewährleistet ist – ist, wenn auch verständlich, so doch unbefriedigend und verweist nur abermals auf strukturelle Mängel.

Kleinteilige Modularisierung

Die Aufteilung der Philosophie in einzelne Untermodule und die damit verbundene Forderung, gewisse Modulzusammenhänge und -hierarchien zu wahren, hindert einmal mehr an der freien Wahl der Themenkomplexe. So ist man häufig gezwungen, ein Modul nur deswegen zu belegen, um das passende Gegenstück zu einem bereits abgeleisteten, oder noch abzuleistenden Modul zu erhalten. Auch dieses Modell trägt dazu bei, dass man gezwungen ist, eine kontinuierliche Auseinandersetzung regelmäßig abzubrechen und auf fremde, bisweilen das eigene Interesse lähmende Gegenstände zu richten. An dieser Stelle soll kurz auf das Studierendenbild eingegangen werden, das in die hier dargestellte Studiumsstruktur verwoben ist. Offenbar geht man von der Annahme aus, dass die/der Studierende sich nur mit denjenigen Gegenständen beschäftigt, die ihr/ihm im Rahmen eines Moduls aufgenötigt werden. Und so schließt man: Möchte man AbsolventInnen mit möglichst breiten Kenntnissen, so muss man sie dazu zwingen sich alle diese Bereiche zu erarbeiten, da diese von Faulheit geplagt, nicht selbstständig dazu fähig sind. Dieses Bild lässt sich leicht vervollständigen; man denke nur an Anwesenheitspflicht, Klausuren etc. Es stellt sich die Frage, welches Bild von ihrer Materie die Erfinder solcher Repressionen haben. Es lässt jedenfalls nichts Gutes ahnen. Darüber hinaus stellt diese Struktur auf einer etwas allgemeineren, aber nicht minder bedeutsamen Ebene einen Raubbau an der Möglichkeit zur Entwicklung einer reflektierten und selbstbestimmten Persönlichkeit dar, wozu gehörte, dass man nicht sklavisch an einmal geschehene Modulwahlen gebunden würde.

Zur Benotung

Ein weiteres Problem erkennen wir im frühen Einsetzen der Benotung bereits mit dem ersten Semester des Studiums in den so genannten Basismodulen. Als Hauptfachstudierende im modularisierten Magisterstudiengang sind wir zur Teilnahme an allen der insgesamt vier Einführungsveranstaltungen verpflichtet, die jeweils mit einer abschließenden Klausur absolviert werden müssen, wobei jede in den Basismodulen erzielte Note zwangsläufig mit in die Abschlussnote eingeht. Zwar erkennen wir in der Einführung der Basismodule insgesamt ein geeignetes Mittel, um den Philosophiestudierenden sowohl einen ersten Überblick über die wesentlichen philosophischen Theorien zu geben als auch einen Einblick in die gegenwärtige Diskussion der verschiedenen Teilbereiche der Philosophie zu ermöglichen. Und es kann dementsprechend nicht unser Anliegen sein, eine Abschaffung der Basismodule zu fordern, sondern es ist aus unserer Sicht vielmehr anzuerkennen, dass diese ursprünglich eingeführt wurden, um den Forderungen der Studierenden nach einem besseren Gesamtüberblick entgegenzukommen. Allerdings erscheint uns die konkrete Art und Weise der praktischen Umsetzung gleichwohl in verschiedener Hinsicht nicht sinnvoll, beziehungsweise für ein selbstbestimmtes Studium der Philosophie sogar abträglich und wäre hinsichtlich der folgenden Kritikpunkte zu überdenken. So ist mit dem frühen Einsetzen der Benotung in strikt vorgegebenen Pflichtmodulen eine Infantilisierung der Studierenden verbunden. Die Studienanfänger kommen von der Schule an die Universität und werden hier mit einer Fortsetzung des schulischen Lernens für Leistungen konfrontiert, in der kaum Raum für ein selbstbestimmtes Studieren sowie für das Entwickeln individueller Interessenschwerpunkte innerhalb des eigenen Studienfachs bleibt und erst recht keine Aussicht auf eine emanzipative Entwicklung der Studierenden besteht. Zudem wird mit der Multiplikation der zu erbringenden Leistungen eine „Konsumhaltung“ seitens der Studierenden gefördert. Den Studierenden wird in zunehmendem Maße vermittelt, im Rahmen ihres Studiums ginge es um nichts anderes als um das Abarbeiten des Workload, das Absolvieren von Pflichtmodulen sowie das Sammeln von Creditpoints. Die Studierenden werden dadurch zu einem instrumentellen Verhältnis zum Aufwand von Zeit und Arbeit angehalten sowie dazu nur noch für gute Noten auswendig zu lernen und auf den zu erreichenden Abschluss hinzustudieren. All dies steht jedoch in einem eklatanten Widerspruch zu einem selbstbestimmten, intrinsisch motivierten und mit einem genuinen Interesse an den fachlichen Inhalten verbundenen Studium der Philosophie. Die dargestellten Tendenzen werden deshalb auch immer häufiger von Seiten der Lehrenden kritisiert: Die Studierenden zeigten keinerlei inhaltliches Interesse, beteiligten sich wenn überhaupt nur sporadisch an den Seminardiskussionen, bereiteten darüber hinaus die Seminarlektüre nicht anständig vor, ganz zu schweigen davon, dass sie sich etwa von sich aus über die Pflichtlektüre hinaus mit zusätzlicher Literatur zur behandelten Thematik beschäftigten. Hierbei ist gleichwohl zu bedenken, dass es schlichtweg falsch wäre die Ursachen für das kritisierte Verhalten allein bei den Studierenden selbst zu suchen. Dagegen sollte ein solches Verhalten angesichts der im Zuge der Modularisierung erfolgten prüfungsbedingten Mehrbelastungen vielmehr als „Überlebensstrategie“ der Studierenden erkannt und die notwendigen Konsequenzen in Form von umfassenden Korrekturen am modularisierten Philosophiestudiengang gezogen werden.

Klausuren als nicht adäquate Prüfungsform im Fach Philosophie

Mit der Einführung der Basismodule sowie der Anhäufung zu erbringender Leistungen im Rahmen modularisierter Studiengänge werden immer häufiger Klausuren zur Leistungskontrolle eingesetzt. Ungeachtet der allgemeinen Probleme dieser Prüfungsform, erweisen sich Klausuren gerade im Fach Philosophie als höchst ungeeignet. So liegt dem Einsatz von Klausuren als Prüfungsform im Fach Philosophie eine falsche Vorstellung dessen zugrunde, welche Fähigkeiten und Erkenntnisse die Studierenden im Rahmen ihres Philosophiestudiums erlangen sollen. Ziel eines Philosophiestudiums kann es nicht sein, sich abfragbares Faktenwissen anzueignen. Dass dies jedoch mit der Prüfungsform Klausur impliziert wird, zeigt sich etwa an den gezielten Hinweisen auf „klausurrelevanten“ Lernstoff seitens der Lehrenden, wodurch das Wissenswerte als unbezweifelbarer Lern- und Prüfungsgegenstand hingestellt wird.

Zusätzlicher Verwaltungsaufwand

Im Zuge der Modularisierung hat sich indes nicht allein eine deutliche Erhöhung des zeitlichen Arbeitsaufwandes und der Prüfungsbelastung sowie eine Einschränkung in der individuellen Studiengestaltung eingestellt, sondern damit einher geht zudem ein deutlich erhöhter Verwaltungsaufwand für uns Studierende. Anstatt uns der inhaltlichen Beschäftigung mit den eigenen Studieninhalten widmen zu können, sehen wir uns in zunehmendem Maße dazu gezwungen, uns mit verwaltungstechnischen Erfordernissen auseinanderzusetzen, wie etwa dem Anmelden beziehungsweise Abmelden von Prüfungen, dem Einhalten strikter Abgabefristen und nicht zuletzt dem Nachprüfen bei der Philosophischen Promotionskommission, ob dort auch wirklich alle erbrachten Leistungen gemeldet wurden. Vom zusätzlichen Verwaltungsaufwand sind indes nicht allein wir als Studierende betroffen, sondern auch für die Lehrenden des Instituts hat sich durch die Modularisierung eine nicht zu unterschätzende Mehrbelastung eingestellt. Diese sind nunmehr nicht allein dazu verpflichtet, die Studierenden wiederholt auf die einzuhaltenden Anmeldefristen und Abgabeterminen hinzuweisen, sondern haben sich zusätzlich dazu auch noch mit der Übermittlung der Prüfungsergebnisse an das Prüfungsamt zu befassen. Nicht zuletzt bekommen die Lehrenden indirekt auch die gesteigerte Prüfungslast der Studierenden zu spüren und zwar in Form einer vermehrten Korrekturlast ihrerseits, die von den einzelnen Dozenten zuweilen kaum noch zu bewältigen ist. Eine nicht selten gewählte Ausflucht aus einer drohenden Unmenge an Protokollen, Essays, Referatsausarbeitungen, Hausarbeiten u.ä. zum Ende des Semesters, ist das Schreiben von Klausuren; was jedoch, wie bereits eingehend erläutert, aus unserer Sicht keine adäquate Prüfungsform für das Fach Philosophie darstellt.

Anwesenheitspflicht

Darüber hinaus bleibt die Einführung von Anwesenheitslisten in Vorlesungen und Seminaren aufs Schärfste zu kritisieren. Wäre es noch vor nicht allzu langer Zeit geradezu grotesk erschienen, dass in Lehrveranstaltungen des Faches Philosophie die Anwesenheit der Studierenden überprüft wird, beugt der Student in Zeiten der Modularisierung sich fügsam den neuen Modalitäten, trägt sich brav in die kursierende Anwesenheitsliste ein und fordert diese gar selbst, vergisst der Dozent einmal die Liste ordnungsgemäß auszugeben. Hat der Frankfurter Soziologe Ulrich Oevermann bereits aus lerntheoretischer Perspektive für die Institution Schule dargelegt, dass Präsenzpflicht ein autonomes pädagogisches Arbeitsbündnis verunmöglicht und wesentlicher Grund für das Desinteresse der SchülerInnen an den Lerninhalten ist, so gilt diese Erkenntnis umso mehr für die Universitäten. Zu betonen bleibt, dass die Universität keine Erziehungsanstalt ist, die dafür Sorge zu tragen hätte, dass die Studierenden regelmäßig zu den Lehrveranstaltungen erscheinen. Die Entscheidung zur Teilnahme an einer Veranstaltung hat vielmehr in der Verantwortung der Studierenden selbst zu liegen. Auch dürfte es wohl kaum im Interesse der Lehrenden liegen, die eigenen Seminare mit zur Präsenz gezwungenen, desinteressierten Studierenden gefüllt zu sehen, die zudem demoralisierend auf die übrigen SeminarteilnehmerInnen wirken. Auch vermag das Führen von Anwesenheitslisten bestenfalls die physische Anwesenheit der Studenten sicherzustellen und dient damit allein als Symptombekämpfung: Anstatt den Studierenden die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmt darüber zu entscheiden, welche Lehrveranstaltungen sie besuchen – an welchen sie mithin auch ohne Zwang teilzunehmen bereit wären –, nötigt man sie im Rahmen des modularisierten Studiengangs zur Teilnahme an festgelegten Modulen und verspricht sich durch Kontrolle von außen die fortwährende Präsenz zu gewährleisten.

Kritik an der Konzeption des Nebenfachs Philosophie

Indes ist nicht allein das modularisierte Studium der Philosophie im Hauptfach zu kritisieren, sondern auch am Nebenfachstudium gibt es diverse Kritikpunkte. So wird das Nebenfachstudium im Wesentlichen von den drei gewählten Basismodulen dominiert, die einen enormen Anteil des Gesamtstudiums ausmachen, nämlich 36 CP im Vergleich zu den weiteren Studieninhalten von 24 CP. Da in den Basismodulen jedoch ausschließlich Klausuren als Prüfungsform vorgesehen sind, werden die Nebenfachstudierenden in ihrem gesamten Grundstudium nicht an eine philosophische Arbeitsweise herangeführt; für sie scheint es allein relevant zu sein, ein grobes Überblickswissen abfragebereit zu erlangen. Die eigenständige, interessengeleitete und vertiefte Auseinandersetzung mit philosophischen Themen wird hingegen nicht gefördert. Im Anschluss an das Grundstudium ist vorgesehen, zwei Aufbaumodule und ein Vertiefungsmodul respektive ein Aufbaumodul und zwei Vertiefungsmodule zu besuchen. Aufgrund der kleinteiligen Modularisierung wird eine spezifische Entscheidung direkt nach dem Grundstudium verlangt, um das Thema entsprechend vertiefen zu können. Ist das Nebenfach als sinnvolle Ergänzung des eigenen Studienschwerpunktes gedacht, so ließe sich dies durch die Vertiefung und Verknüpfung in Seminaren zu verschiedenen Themenschwerpunkten durchaus ermöglichen, durch oberflächliche Einführungen jedoch nicht.


Im Anschluss an die dargelegte Analyse der derzeitigen Studienbedingungen und der damit verbundenen kritischen Betrachtung der Modularisierung des Philosophiestudiums, sollen im Folgenden verschiedene Möglichkeiten zur Verbesserung der gegenwärtigen Studiensituation entwickelt werden.

Teil II: Reflexion über Möglichkeiten einer Verbesserung der gegenwärtigen Studiensituation

Möglichkeiten zur Verringerung der Prüfungsbelastung

Zunächst erscheint uns eine Verringerung der Prüfungsbelastung als zentrale Voraussetzung für ein selbstbestimmtes, an den individuellen Interessen des je Einzelnen orientiertes Philosophiestudium. Dies ließe sich sowohl anhand einer Reduktion der zu erbringenden Leistungen erreichen sowie dadurch, dass nicht alle Modulabschlussprüfungen in das Abschlusszeugnis eingehen. Zu diskutieren wäre in diesem Zusammenhang etwa die Möglichkeit, dass nur eine gewisse Anzahl von Prüfungsleistungen in die Endnote einfließen und die übrigen Modulabschlussprüfungen nur bestanden werden müssen. Die gegenwärtige Übergewichtung des Studienbeginns in Form der Basismodule ist nicht zuletzt deshalb problematisch, weil hierdurch die verschiedenen Voraussetzungen der Studierenden und nicht der Lernfortschritts des je einzelnen benotet wird. Zu diskutieren wären in diesem Zusammenhang verschiedene Möglichkeiten der Neugewichtung: Insgesamt erachten wir es für sinnvoll, den Benotungsschwerpunkt auf das Ende des Studiums zu verlagern. So ließe sich überlegen, dass die Basismodule zwar bestanden werden müssen, die Note jedoch nicht in das Abschlusszeugnis einfließt und im Gegenzug dazu die Abschlussarbeit höher ge¬wichtet wird.

Interessenschwerpunkte

Wie im ersten Teil darlegt, bleibt aufgrund der hohen Anzahl an Prüfungen sowie des Zwangs, die vorgeschriebenen Module zu absolvieren, kaum eine Möglichkeit für uns Studierende den eigenen Interessensschwerpunkten nachzugehen. Die Zeit für eine selbstständige Auseinandersetzung mit Themen eigener Wahl bleibt allenfalls in der vorlesungsfreien Zeit und stellt auch dort eher eine Ausnahme dar, da auch in diesem Zeitraum unentwegt Arbeiten abzuleisten sind. Aus diesem Grund scheint es uns erforderlich, Wege zu finden, die es erlauben, das Selbststudium der Studierenden vermehrt zu berücksichtigen und dadurch ein selbstbestimmtes Lernen zu ermöglichen; etwa indem den Studierenden die Möglichkeit eröffnet wird, den eigenen Interessenschwerpunkten außerhalb der regulären Lehrveranstaltungen und bei individueller Betreuung nachzugehen. Die konkrete praktische Umsetzung dieses Gedan¬kens wäre im Rahmen eines gemeinsamen Dialogs zwischen Lehrenden und Studierenden näher zu diskutieren.

Wiedereinführung autonomer Tutorien, Einführung von Lektürekreisen

Autonome Tutorien waren traditionell Bestandteil des Vorlesungsverzeichnisses im Fach Philosophie. Nun wurden sie jedoch abgeschafft und durch das „Frankfurter Kolloquium“ ersetzt. In diesem Ersatzprogramm sehen wir eine gute Ergänzung, jedoch keinen Ersatz für autonome Tutorien. Die VerfasserInnen der Resolution sind der Ansicht, dass autonome Tutorien eine Bereicherung für das Philosophiestudium sein können und plädieren daher für eine Wiedereinführung derselben. Das philosophische Gespräch, das die autonomen Tutorien fördern, kommt an der Frankfurter Universität ohnehin viel zu kurz. Nicht selten entwickeln die Studierenden eine Scheu vor dem Austausch über philosophische Texte, der gerade durch die Tutorien entgegengewirkt werden könnte. Zudem bieten autonome Tutorien den Studierenden die Möglichkeit, eigene Themenschwerpunkte zu setzen und diese gemeinsam zu vertiefen, wodurch die Tutorien eine thematische Ergänzung des Vorlesungsverzeichnisses darstellen. In diesem Zusammenhang wäre darüber hinaus zu diskutieren, inwieweit studentisch verwaltete Lektürekreise in die CP Verrechnung mit einbezogen werden können. Nicht zuletzt werden autonome Tutorien auch von anderen Fachbereichen für ein gutes Mittel des studentischen Austauschs erachtet. So gibt es am Fachbereich 03 in jedem Semester 8 bezahlte Stellen für autonome Tutoren, wobei die Themenwahl bei der Fachschaft liegt. Am Fachbereich 10 wurden die autonomen Tutorien zum Sommersemester 2010 eingeführt. In diesem Semester werden insgesamt 7 Tutorien von 10 TutorInnen angeboten. Dabei vergibt der Fachbereich 10 sogar Creditpoints für die Teilnahme an autonomen Tutorien, was die Attraktivität von diesen Veranstaltungen zusätzlich erhöht. Die Regelungen an anderen Fachbereichen zeigen was möglich ist – vorteilhafte Lösungen sollten übernommen werden. Ausgehend von der Unzufriedenheit vieler Studierenden, dass die Basismodule Grundlagen zu schwach vermitteln und in den Aufbau- und Vertiefungsmodulen zu spezialisierte Themen angeboten werden, sollte zudem eine grundlegende Überarbeitung der Basismodule in Betracht gezogen werden. Statt wie bislang 4 SWS Vorlesung + 2 SWS Tutorium ließe sich bspw. die folgende Kombination diskutieren: 2 SWS Einführungsvorlesung + 2 SWS begleitendes vertiefendes Seminar + 2 SWS studentisch geführte Veranstaltung (autonomes Tutorium, Lektürekreis, wissenschaftliches Arbeiten o.ä.). Hierdurch ließen sich die derzeitigen Tutorien als feste Anzahl Slots „studentisch bestimmtes Lernen“ umdefinieren, die wie bisher vergütet werden, doch statt der gegenwärtigen Hilfsarbeiterfunktion der Tutoren, konstruktives selbstständiges Lernen bzw. Hilfestellungen von Studierenden für Studierende ermöglichten. Diese studentischen Veranstaltungen würden dann Bestandteil der Basismodule. Dafür müsste kein zusätzliches Geld eingesetzt werden, sondern lediglich die Einführungsmodule umstrukturiert, die Proseminare in das Basismodul als Ersatz der bisherigen Tutorien einbezogen und die Themen stärker an vorlesungsbezogene Grundlagentexte orientiert werden. Auch könnte die Abschlussprüfung des Basismoduls dadurch in das Proseminar gelegt werden um Prüfungen in Hausarbeitsform zu ermöglichen. Damit würde man nicht nur die Professoren entlasten, um ihnen das Halten von Proseminaren zu ermöglichen, sondern auch studentische Freiräume im engen Korsett des modularisierten Studiengangs schaffen und den Schwerpunkt weg vom Faktenpauken hin zu Diskussionen in Seminaren verschieben.

Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden

Einen weiteren wichtigen Schritt zu einer angemessenen Berücksichtigung der studentischen Interessen sehen wir in der Institutionalisierung von Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Studierenden hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung von Lehrveranstaltungen. Insbesondere im Rahmen von Hauptseminaren halten wir es für sinnvoll, die inhaltlichen Vorschläge der Studierenden verstärkt mit in die Seminargestaltung einzubeziehen. In diesem Zusammenhang wäre weiterhin zu fordern, dass in den Hauptseminaren nicht bloß Texte referiert und gemeinsam im Seminar abgehandelt werden, sondern auch ein kritischer Diskurs über die behandelte Seminarlektüre stattfindet. Auf diese Weise ließe sich nicht allein die Gefahr einer rein historisierenden Auseinandersetzung mit philosophischen Schriften umgehen, sondern die Studierenden lernten hierbei zudem, den Beitrag solcher Texte für den gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskurs zu erörtern, was wiederum dazu beitrüge, den behandelten Texten selbst besser gerecht zu werden.

Öffnung der Lehrveranstaltungen – Abgabe von Hausarbeiten

Für die erfolgreiche Verbesserung der gegenwärtigen Studienbedingungen sind wir Studierenden auf die Unterstützung der Lehrenden angewiesen. Von Seiten der Lehrenden erhoffen wir uns möglichst viel Kulanz sowohl in Bezug auf die Öffnung der Lehrveranstaltung, als auch hinsichtlich der Festlegung von Abgabefristen. Ist auf lange Sicht die Abschaffung der kleinteiligen Modularisierung und damit der künstlichen Aufteilung der Philosophie in diverse Teildisziplinen sowie in Basis-, Aufbau- und Vertiefungsmodule zu fordern, wäre vorerst verbindlich festzulegen, dass alle Lehrveranstaltungen für mindestens drei Module geöffnet werden, damit uns Studierenden mehr Auswahlmöglichkeiten bei der Modulwahl bleiben. Darüber hinaus wäre verbindlich zu vereinbaren, dass die Abgabefrist für Hausarbeiten frühestens für das Ende der vorlesungsfreien Zeit festzulegen ist, damit uns Studierenden ausreichend Zeit für eine angemessene Auseinandersetzung mit der behandelten Thematik möglich ist, insbesondere auch in Fällen, in denen in der vorlesungsfreien Zeit mehrere Hausarbeiten zu schreiben sind.

Zur Philosophie im Nebenfach

In Bezug auf das Philosophiestudium im Nebenfach ist zu fordern, die Gewichtung der Leistungen in Grundstudium (Basismodule) und Hauptstudium (Seminare) sowie die Prüfungsform zu verändern. Das Verfassen philosophischer Essays in den Basismodulen ist ein guter Anfang, allerdings sollte diese Möglichkeit nicht durch den Klausurdruck genommen werden, wodurch die eigenständige Vertiefung der Themen zugunsten eines stupiden, der Philosophie nicht würdigen Auswendiglernens vernachlässigt wird. Anstelle der Abrichtung auf die Reproduktion abfragbaren Faktenwissens, sollten die Basismodule – neben der Bereitstellung eines Überblicks über die wesentlichen philosophischen Theorien – auf das Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten vorbereiten; auch dies wird durch die gegenwärtige Konzeption der Basismodule verhindert. Darüber hinaus muss für alle Nebenfachstudierenden die Möglichkeit bestehen, anstelle der umfangreichen Einführung (12 CP je Basismodul) mehr Seminare belegen und vertiefen zu können.

Mehr Zeit der DozentInnen für Lehre und Beratung

Darüber hinaus ist es aus unserer Sicht erforderlich, dass den DozentInnen mehr Zeit für die Lehre sowie für persönliche Beratungsgespräche zur Verfügung gestellt wird. Diese Forderung bezieht sich insbesondere auf die ProfessorInnen, da nur diese prüfungsberechtigt sind und den mit Abstand geringsten Anteil an Lehrveranstaltungen stellen. So kann es nicht sein, dass Forschungssemester automatisch bewilligt werden, wenn nicht sichergestellt ist, dass zumindest die Basismodule von den Lehrenden des Instituts abgedeckt werden.

Dialog zwischen Studierenden und Lehrenden – Diskussionsveranstaltung

Insgesamt bleibt abschließend zu betonen, dass die vorliegende Resolution in keiner Weise als Zeichen einer Konfrontationshaltung von Seiten der Studierenden zu verstehen ist, sondern vielmehr als Einladung an die Lehrenden des Instituts, in einen gemeinsamen Dialog über die zukünftige Gestaltung des Philosophiestudiengangs einzutreten. Im Rahmen der heutigen Vollversammlung wurde hierzu zunächst die Planung einer Diskussionsveranstaltung am Institut zur Verbesserung der gegenwärtigen Studienbedingungen im Rahmen des modularisierten Magisterstudiums beschlossen. Diese Veranstaltung soll nicht allein eine bessere Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden ermöglichen, um gemeinsam über die notwendigen Korrekturen des modularisierten Philosophiestudiums zu diskutieren. Darüber hinaus soll es dadurch gelingen, möglichst viele Philosophiestudierende in einen Diskurs über die Zukunft des Philosophiestudiums an der Universität Frankfurt ein¬zubeziehen.


3 Forderungen

Durch den hohen Workload wird den Studierenden ein instrumentelles Verhältnis zu ihrem Stoff geradezu aufgezwungen. Veranstaltungen werden, nicht zuletzt durch die Anwesenheitslisten, als leidige Belastung empfunden, die abzuleisten sind. Soll sich Philosophie die Liebe zu ihrem Gegenstand bewahren, sind folgende Änderungen zur Rettung des Studienfachs unumgänglich:

  • Drastische Reduzierung des Workloads durch Erleichterung der CP-Bedingungen und Angleichung der CP-Bewertung an den tatsächlichen Arbeitsaufwand der Studierenden.
  • Sofortige Abschaffung von Anwesenheitslisten.
  • Öffnung der Modulstrukturen.
  • Resolute Entmodularisierung zum Wohl der Lehrenden und Studierenden (Öffnung von Abgabenterminen, freie Zulassungen zu den Prüfungen ohne vorherige Anmeldung etc.).
  • Deutliche Verminderung der zu erbringenden Prüfungen.
  • Abschaffung von Klausuren, die Philosophie auf Faktenwissen reduzieren. (Dissens bezüglich der Basismodule und Logik)
  • Lockerung des Notenzwangs durch Reduktion derjenigen Prüfungen, die in das Abschlusszeugnis eingehen.
  • Vermehrte Grundlagenarbeit, um Spezialisierung nicht im luftleeren Raum schweben zu lassen. (Dissens)
  • Weisungsungebundenes Mitspracherecht der Studierenden für das Vorlesungsverzeichnis.
  • Koppelung der Seminarinhalte an die inhaltlichen Interessen der Studierenden.
  • Einführung von Lektürekursen, für die CP angerechnet werden.
  • Kein vorauseilender Gehorsam gegenüber vermeintlichen Sachzwängen und Präsidiumsverfügungen: Die Ausrichtung des Philosophiestudiums muss sich nach Maßgabe des Gegenstandes (der Philosophie) richten und nicht nach den Ideen autoritärer Bürokratien.